Grundsatz: Ist ein Kind urteilsfähig, aber noch nicht volljährig, darf es bei höchstpersönlichen Rechten – so auch bei gesundheitlichen Fragen – selbst darüber entscheiden, wer Informationen erhält.
Erläuterungen: Urteilsfähig im Sinne des Gesetzes ist jede Person, der nicht wegen ihres Kindesalters, infolge geistiger Behinderung, psychischer Störung, Rausch oder ähnlicher Zustände die Fähigkeit mangelt, vernunftgemäss zu handeln. Volljährig ist, wer das 18. Lebensjahr zurückgelegt hat. Höchstpersönliche Rechte sind solche, die einer Person um ihrer Persönlichkeit willen zustehen, namentlich eigene gesundheitliche und körperliche Angelegenheiten. Das Gesetz geht davon aus, dass auch Kinder ab einem bestimmten Alter grundsätzlich urteilsfähig sind und deshalb über eine medizinische Behandlung am eigenen Körper selbst entscheiden dürfen und auch wer darüber informiert werden darf. Als Faustregel gilt, dass bei Kindern und Jugendlichen über 12 Jahren über einfachere Behandlungen und Eingriffe und ab 14 Jahren auch über kompliziertere Behandlungen und Eingriffe selber entscheiden dürfen. Ab 16 Jahren können Jugendliche für eigene medizinische Themen die Urteilsfähigkeit zugesprochen werden.
Beispiele: Das Bundesgericht hat in einem Fall entschieden, dass der Wille einer minderjährigen Patientin zu respektieren sei, soweit sie urteilsfähig ist. Es handelte sich um eine 13 Jahre und zwei Monate alte Jugendliche, die sich in unzweideutiger Weise einer Behandlung widersetzte. Der intervenierende Osteopath habe dem Kindswillen keine Rechnung getragen. Er stellte stattdessen einzig auf die Zustimmung der beim Eingriff anwesende Mutter ab. Die betroffene Jugendliche sei trotz ihres Zustands fähig gewesen, die Natur ihrer Verletzung und der vorgeschlagenen Behandlung sachgerecht und verständig einzuschätzen (BGE 134 II 235). In jüngster Zeit stellt sich diese Frage auch für das Impfen von Sars-Covid-19. Spätestens ab 16 Jahren, je nach Urteilsfähigkeit schon früher mit 14 oder 12 Jahren kann das Kind selber darüber entscheiden, ob es sich impfen lassen will, soweit die Impfung für diese Alterskategorie von den zuständigen Behörden empfohlen wird und damit dem Kindeswohl zuträglich ist.
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